DAS MAGAZIN FÜR UNSERE BRANCHE. Ausgabe 22 / September 2025 ER HILFT UNS GEGEN KRACH UND KÄLTE Florian Häßner ist Technischer Manager beim Dämmstoffhersteller Armacell Standort Neues Arbeitszeitgesetz soll mehr Flexibilität bringen 07 Beschäftigung Mehr Menschen ohne Job – trotzdem Fachkräftemangel 08-09 Chefgespräch Rasant hochgezogen: Die neue Zentrale von Meteor 12-13
online unter kautschuk-magazin.de Kurz notiert Kein globales Plastikabkommen – Schallplatten im Kreislauf – Bio-Schaum aus Cellulose: News aus der Branche 03 Inhalt Titelfoto: KAUTSCHUK/Daniel Roth, Foto oben: ADK Liebe Leserinnen und Leser! Morgens um fünf Uhr den Großen zum Bus für die Klassenfahrt gebracht – und mittags schon die Kleine wegen Bauchweh aus dem Hort abgeholt. Am Abend: der Anruf des Chefs, ob man am nächsten Tag länger arbeiten könne, denn ein neuer Großauftrag ist reingekommen. Dieses tägliche Jonglieren zwischen Familie und Beruf ist für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland Alltag. Aber nicht für das deutsche Arbeitszeitgesetz: Seit 1918 gilt in Deutschland der Acht-Stunden-Tag, nur in Ausnahmefällen darf länger gearbeitet werden. Damals, als die Arbeiter noch 12 bis 14 Stunden täglich an sechs Tagen die Woche malochten, war diese Regelung Gold wert. Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Heute sind fast drei von vier Frauen erwerbstätig. Nur noch selten leben die Großeltern in derselben Gegend oder gar mit unter einem Dach. Der anhaltende Fachkräftemangel in Kitas und Schulen führt dazu, dass die Kinderbetreuung regelmäßig zum Glücksspiel wird. Für Eltern stellt sich immer wieder dasselbe Problem: Wer muss heute Minusstunden sammeln, weil der Unterricht mal wieder ausgefallen ist? Es ist also höchste Zeit für flexiblere Arbeitszeiten! Auch die Bundesregierung hat das erkannt und will die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine Wochenhöchstarbeitszeit ersetzen. Wer acht Stunden am Tag arbeiten möchte, soll das ebenso können wie jemand, der lieber an zwei Tagen zwölf Stunden macht und den Rest der Woche kürzertritt. Warum dieses Modell Beschäftigte entlastet – und zugleich ein Gewinn für die Wirtschaft ist –, lesen Sie auf Seite 7. Und falls Sie nicht wissen, was Sie mit der neu gewonnenen Freizeit anfangen sollen, schauen Sie doch mal auf Seite 16. Da haben wir ein paar Anregungen gesammelt – natürlich aus unserem liebsten Werkstoff. Die nächste Ausgabe unseres Magazins erscheint am 11. Oktober. Herzlichst Ihre Isabel Link Leiterin interne Kommunikation ADK Mein Ding Florian Häßner kennt Anstiege und Umwege – auf dem Rad wie im Job. Nun ist er Technischer Manager bei Armacell 04 Soziale Marktwirtschaft Volljährig, also kein Kindergeld mehr? Ach was! Die Familienkasse zahlt oft weiter 06 Standort Weniger starre Regeln, mehr Flexibilität: Die Regierung will das Arbeitszeitgesetz modernisieren 07 Beschäftigung Mehr Arbeitslose – und trotzdem Fachkräftemangel in vielen Betrieben: Wie passt das zusammen? 08 Unser Ding Von Sarstedt in die Welt: MeKo fertigt filigrane Implantate für Herz und Hirn 10 Chefgespräch Meteor-Co-Geschäftsführer Christian Schneider erklärt, warum der Standort Bockenem das Herz des Konzerns bleibt 12 Das Ding / Glosse Aufblasbare Sommerklassiker im Materialcheck / Bonzo: Nostalgie ist ein Leckerli – Fortschritt aber der Hauptgang 16 Bildung Grünes Geschäftsmodell: „Pflanzlicht“ ist die beste JUNIOR-Schülerfirma 2025 14 Zahlen & Fakten Biologie + Technik = Bionik – die besten Ideen hat häufig die Natur 15 Mehr Informationen zur Berechnungsmethodik, zur Kompensation und dem gewählten GoldstandardKlimaschutzprojekt finden Sie unter klima-druck.de/ID. klima-druck.de ID-Nr. Druckprodukt CO₂ kompensiert 24166749 IMPRESSUM KAUTSCHUK erscheint im Verlag der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH Postfach 10 18 63, 50458 Köln Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln Herausgeberin Isabel Link, Hannover Redaktionsleiter Roman Winnicki (verantwortlich) Redaktion Elke Bieber, Stephan Hochrebe; Ursula Hellenkemper (Schlussredaktion) Kontakt 0221 4981-670 redaktion@kautschuk-magazin.de Gestaltung Alice Kaiser, Wahideh Mostafawy; Daniel Roth (Bilder) Vertrieb Tjerk Lorenz, 0221 4981-216 vertrieb@kautschuk-magazin.de Fragen zum Datenschutz datenschutz@kautschuk-magazin.de Alle Rechte liegen beim Verlag. Rechte für Nachdruck oder elektronische Verwertung erhalten Sie über lizenzen@iwkoeln.de. Druck Zeitungsdruck Dierichs GmbH & Co. KG, Kassel KAUTSCHUK wird gedruckt auf mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ ausgezeichneten Papier aus 100 Prozent Recycling-Material. 02 — KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025
KEIN ABKOMMEN FÜR PLASTIK GENF. Die UN-Verhandlungen über ein weltweites Plastikabkommen sind vorerst gescheitert. Seit 2022 hatten sich Vertreter von über 170 Ländern darum bemüht, gemeinsame Regeln für Kunststoffdesign, Recyclingquoten und den Aufbau von Abfallwirtschaftssystemen zu vereinbaren. Die Initiative „Wir sind Kunststoff“ (ein Zusammen- schluss von GKV, Plastics Europe und VDMA-Kunststoffmaschinen) nennt das Ergebnis eine verpasste Chance. Aus ihrer Sicht braucht es dringend einen neuen Anlauf – mit klarem Fokus auf funktionierende Sammel- und Recyclingsysteme. Fachleute warnen zudem: Ohne einheitliche Regeln wird es für viele Unternehmen schwieriger, Vorschriften einzuhalten, Kosten zu planen oder in Recyclingtechnologien zu investieren. Die Sorge: Ohne weltweit abgestimmte Vorgaben drohen zusätzliche Bürokratie und Wettbewerbsnachteile – etwa durch unterschiedliche Recyclingquoten oder Produktstandards. Nach Einschätzung von Plastics Europe zählt die EU zu den Regionen mit den weltweit ambitioniertesten Vorgaben zur Kreislaufwirtschaft. Ob und wann die Verhandlungen fortgesetzt werden, ist derzeit offen. REIFENABRIEB IM FOKUS DARMSTADT. Beim Fahren entsteht durch Reifenabrieb feiner Staub, der Mensch und Umwelt belastet. Künftig gelten dafür im Rahmen der Euro-7Norm strengere Grenzwerte. Hersteller müssen erstmals nachweisen, wie stark ihre Reifen zur Feinstaubbelastung beitragen. Das Projekt TERIS des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF entwickelt dafür eine Prüfplattform, mit der sich Abriebpartikel im Labor realitätsnah erzeugen und untersuchen lassen – ohne aufwendige Fahrversuche. Analysiert wird auch, wie sich diese Partikel mit UV, Ozon oder Feuchtigkeit verändern. KI-basierte Verfahren helfen dabei, Abrieb schneller zu klassifizieren. Die Ergebnisse fließen in digitale Fahrzeugsimulationen ein – zum Beispiel zur Prognose von Reifenverschleiß und Partikelbildung. Ziel ist es, neue Reifenmaterialien schneller und mit weniger Aufwand zu entwickeln. GUMMIBRANCHE FORDERT DIALOG FRANKFURT A. M. Die deutsche Kautschukindustrie drängt auf eine neue Ausrichtung der Rohstoffpolitik. „Die Haltung, dass in erster Linie die Unternehmen für die Sicherung ihrer Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten verantwortlich sind, ist angesichts der veränderten geopolitischen Lage nicht mehr zeitgemäß“, sagte Boris Engelhardt, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschukindustrie (wdk). Die Branche muss ihren Naturkautschuk komplett im Ausland einkaufen. Alternative Bezugsquellen gibt es nicht. Engelhardt kritisierte, dass die Rohstoffstrategie der Bundesregierung bisher fast nur auf mineralische Rohstoffe wie Metalle schaut, organische Rohstoffe wie Kautschuk dagegen außen vor lässt. „Vor dem Hintergrund neuer Handelsbarrieren und zunehmenden Protektionismus ist die Notwendigkeit für eine aktivere Rohstoffsicherungspolitik noch einmal gestiegen“, so der Hauptgeschäftsführer. Der wdk fordert deshalb einen ständigen Dialog zwischen Bundesregierung und Wirtschaft. Ziel ist es, auch organische Rohstoffe einzubeziehen, Abhängigkeiten offenzulegen und Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung sowie zur Diversifizierung von Lieferketten zu entwickeln. SCHALLPLATTE IM KREISLAUF HAARLEM. Im niederländischen Haarlem, westlich von Amsterdam, produziert das Traditionsunternehmen Record Industry seit 1958 Schallplatten – heute bis zu 60.000 Stück täglich. Als Ausgangsmaterial dienen kleine PVC-Scheiben, sogenannte Pucks, die unter Druck und Hitze in Pressmaschinen zu Schallplatten geformt werden. Dabei entsteht pro Platte ein rund 20 Millimeter breiter Rand, der automatisch abgeschnitten wird. Anstatt ihn zu entsorgen, wird das Material direkt zerkleinert und wiederverwendet. Auch fehlerhafte Pucks oder Platten gelangen in eine eigene Recyclinglinie, wo sie zu neuem Granulat verarbeitet werden. Das spart Rohstoffe, reduziert PVC-Abfälle und führt sogar zu neuen Designs: Aus den bunt gemischten Resten entstehen marmorierte Schallplatten, die komplett aus Recyclingmaterial bestehen. So verbindet das Werk klassische Musiktechnik mit moderner Kreislaufwirtschaft. CELLULOSE STATT ERDÖL GRAZ. Schaumstoffe stecken in Autos, Gebäuden, Maschinen, Schuhen oder Helmen – bislang meist auf Erdölbasis. Im EU-Projekt BreadCell hat ein internationales Forschungsteam nun einen neuartigen Schaumstoff entwickelt, der aus Cellulose besteht. Er ist vollständig biologisch abbaubar und recycelbar. Die Herstellung erinnert an das Brotbacken: Die pflanzlichen Fasern werden so verarbeitet, dass unterschiedlich dichte Schäume entstehen. An der TU Graz wurden dafür Simulationen und Materialtests entwickelt, um die Festigkeit gezielt zu steuern. So lassen sich Schäume für verschiedene Anwendungen herstellen – etwa als Dämmstoff im Bau oder für Sportgeräte. Getestet wurden bereits Fahrradhelme, Skateboards, Bodyboards und Schuheinlagen. Roman Winnicki Kurz notiert Aktuelle Nachrichten aus der Branche Strandmüll als Zeichen für ein ungelöstes Problem: Die UN konnten sich nicht auf ein weltweites Plastikabkommen einigen. Schallplatten: Nachhaltig durch Recycling. Foto: Stock Rocket – stock.adobe.com Foto: Friedberg – stock.adobe.com Symbolbild: Abriebspuren von Flugzeugreifen. Foto: Ralf Geithe – stock.adobe.com Bioabbaubar: Skateboard aus Schaumstoff. Foto: Wolf – TU Graz KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025 — 03
MÜNSTER. Der Mann hat sich was vorgenommen: 12.000 Kilometer will Florian Häßner dieses Jahr auf dem Rennrad oder dem Gravel Bike zurücklegen – das wären schlappe 33 Kilometer pro Tag! „Ich versuche, vier- bis fünfmal die Woche zu fahren“, sagt der 32-Jährige. Meist auf den kurvigen Straßen der Eifel. Und regelmäßig von seinem Wohnort Euskirchen nach Bonn, wo seine Partnerin wohnt. „Das ist das Schöne am Homeoffice: Ich kann abends zu meiner Freundin radeln und morgens zurück nach Hause zum Arbeiten.“ Und was kickt einen im Beruf, wenn man privat so viel unterwegs ist? Die Abwechslung! „Es gibt keinen Tag, an dem ich morgens weiß, was tagsüber an Anfragen kommt“, sagt Häßner über seinen Job als Technischer Manager Deutschland bei Armacell in Münster. Armacell ist Marktführer und Innovationstreiber für technische Dämmmaterialien. 1954 brachte das Unternehmen den ersten flexiblen Dämmstoff zur Anlagenisolierung auf den Markt. Die Marke „ArmaFlex“ steht heute für eine ganze Produktklasse – ähnlich wie „Tempo“ für Papiertaschentücher. Seither hat die Armacell-Gruppe viele weitere Elastomere und andere technische Schäume für den Kälte-, Wärme-, Schall- und Brandschutz entwickelt. So sorgen etwa „ArmaComfort“-Schallschutzdämmungen dafür, dass aus Abwasserleitungen keine störenden Fließgeräusche durch Wände dringen. Und „ArmaFlex Ultima“ wird oft in öffentlichen Gebäuden eingesetzt, da diese Isolierung im Brandfall nur wenig Rauch entwickelt, was die Sicherheit erhöht. ZWISCHEN INNOVATION UND ANWENDUNG Damit solche neuartigen Produkte bekannt und richtig verarbeitet werden, braucht es Allrounder wie Häßner. Fachleute, die sich zum einen auskennen mit den sich wandelnden Vorgaben und Normen, etwa beim Brandschutz. Zum anderen müssen sie wissen, was technisch möglich ist: Welche Produktvarianten bietet Armacell für welchen Zweck? Und woran wird gerade geforscht? Nicht zuletzt sollten solche Allrounder auch die Probleme der Anwender verstehen, also jener Handwerker und Isolierprofis, die Dämmstoffe verarbeiten – und auf ihren Baustellen nur selten perfekte Bedingungen vorfinden. Dass Häßner fachlich so breit aufgestellt ist, hat er seinem Berufsweg zu verdanken: Der war zwar oft kurvig wie ein Eifel-Radweg, aber vielleicht gerade deshalb ein gutes Training. Im Maschinenbaustudium an der TH Köln auf Kunststoffverarbeitung spezialisiert, führt ihn der erste Job 2016 zu einem Autozulieferer. Die Firma produziert AdBlue-Tanks für Dieselfahrzeuge. „Das Problem war das Timing“, erinnert sich Häßner. „Damals schlugen die Auswirkungen des Diesel-Skandals gerade durch. Es war schwer, als Neuling Fuß zu fassen, auch, weil viele Mitarbeiter gehen mussten.“ Irgendwann macht auch Häßner den Absprung. Er landet als Sicherheitsingenieur bei einem Industriedienstleister. „Da war ich oft anderthalb Wochen am Stück draußen beim Kunden, um dessen Maschinenpark sicherheitstechnisch abzunehmen.“ Ein Alltag zwischen Industriegebiet und Hotel. „Mit der Zeit habe ich gemerkt: Das ständige Auf-Montage-Sein liegt mir nicht.“ Als dann Corona und Kurzarbeit kommen, schaut er sich nach etwas Neuem um. Nächste Station: ein Industrieisolierer. Wieder eine neue Branche, wieder ein anderes Aufgabenfeld. Als Projektleiter managt Häßner Baustellen, lernt Mitarbeiterführung und Kosten-Tracking. „Aber da fehlte mir irgendwann der technische Aspekt“, sagt er. Als ein Ex-Kollege von seinem Job bei Armacell schwärmt, schreibt Häßner eine Initiativbewerbung. „Knapp ein Jahr später klingelte dann das Telefon.“ Bei Armacell kann Häßner nun viele Kompetenzen nutzen, die er in seinen vorherigen Jobs aufgebaut hat. „Meine Stelle ist zwischen der Zentralen Technik und unseren Sales-Teams angesiedelt“, erklärt er. Als Technischer Manager kommt er ins Spiel, wenn der Innendienst bei Anfragen von Dämmstoffhändlern oder Verarbeitern Unterstützung braucht. „Die Techniker können nicht immer so nah beim Kunden sein und die Sales-Kollegen vor Ort nicht immer ins technische Detail gehen“, sagt Häßner. „Ich bin dann das Bindeglied, berate oder fahre zum Kunden raus.“ SCHULUNGEN FÜR DEN NACHWUCHS Ein wichtiges Thema ist die fachgerechte Verarbeitung der Dämmstoffe. „Oft lassen sich unsere Produkte gar nicht nach Handbuch anbringen“, sagt Häßner. Gerade in Bestandsbauten sind etwa Leitungen häufig schlecht erreichbar oder es gibt besondere Anforderungen, etwa beim Brandschutz. „Dann stellt sich die Frage: Wie kriege ich trotzdem eine qualitativ hochwertige, sichere und praktikable Lösung hin?“ Zu seinem Job gehören auch Schulungen bei Kunden und Verarbeitern oder in Berufsschulen. „Dort treffe ich die Anwender von morgen.“ Die Idee ist, den Nachwuchs an moderne Dämmmaterialien heranzuführen, etwa das neuartige, besonders effiziente „ArmaGel“. Zukunftschancen sieht Häßner auch bei Kunden in der Chemiebranche: „Dort gibt es noch viel Geschäftspotenzial für Armacell.“ Rund 30 Prozent seiner Arbeitszeit sei er auf Achse, schätzt der Technische Manager. Aber eben nicht mehr wochenlang bei ein- und demselben Kunden wie früher – obwohl er diese Erfahrungen nicht missen möchte: „Es ist schön, wenn der Karriereweg so aufeinander aufbaut.“ Beruflich sei er jetzt erst mal angekommen. Privat ist ein Ziel noch weit entfernt: Von den 12.000 Kilometern auf dem Rad waren bis August 6.200 Kilometer geschafft. Michael Aust Armacell – die Fakten Technische Dämmstoffe sind das Kerngeschäft von Armacell. Vor mehr als 70 Jahren brachte das Unternehmen, das damals noch zum US-Konzern Armstrong gehörte, den ersten flexiblen Dämmstoff für die Anlagenisolierung auf den Markt. Produktname: Armaflex. Heute hält die Armacell-Gruppe über 220 Patente und beschäftigt knapp 3.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – über 500 davon in Münster. „Es ist schön, wenn der Karriereweg so aufeinander aufbaut“ Florian Häßner Im Schulungsraum: Hier gibt Häßner sein Wissen in Trainings weiter. Beispiel New York: Auch im Empire State Building wurden Dämmstoffe von Armacell eingesetzt. Neuentwicklung: ArmaGel XGH bietet höchste Dämmleistung bei minimaler Materialstärke – selbst bei extremen Temperaturen von bis zu 650 Grad. Heute hier, morgen dort Mein Ding Florian Häßner hat Maschinenparks geprüft und Baustellen gemanagt. Nun ist er Technischer Manager beim Dämmstoffhersteller Armacell – und findet seinen Job so vielfältig wie keinen zuvor Auf dem Armacell-Campus: In Münster hat Florian Häßner ein Büro. Aber meistens arbeitet er im Homeoffice. Beim Radrennen in Köln: Sein erstes Rennrad bekam der Hobby-Radler schon zum zwölften Geburtstag. Fotos: KAUTSCHUK/Daniel Roth (2), Armacell (2), privat, sborisov – stock.adobe.com (New York) KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025 — 05 04 — KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025
Kindergeld für Große Soziale Marktwirtschaft Wenn ein Kind 18 Jahre wird, stellen sich den Eltern viele Fragen. Zum Beispiel: Wie ist das denn jetzt mit dem Kindergeld? Meistens gibt es das weiterhin! NÜRNBERG. Das mit dem Kindergeld ist an sich recht einfach – und könnte künftig sogar noch einfacher werden: „Nach der Geburt sollen Eltern automatisch einen Kindergeldbescheid erhalten“, heißt es im schwarz-roten Koalitionsvertrag. Prima Idee! Tricky wird es die Sache aber, wenn der Nachwuchs volljährig wird: Ab dem 18. Geburtstag gibt es das Kindergeld – aktuell 255 Euro je Kind und Monat – nur noch unter verschärften Bedingungen. KAUTSCHUK hat sich da mal bei der Bundesagentur für Arbeit schlaugemacht. Wenn Kinder laut Gesetz erwachsen werden, gehen sie in aller Regel noch zur Schule, sie absolvieren eine Ausbildung oder sie fangen gerade mit dem Studium an. Nennenswertes Einkommen haben sie also meistens nicht. Daher sind Eltern verpflichtet, ihre Kinder weiterhin zu unterstützen – zumindest bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss. Im Gegenzug erhalten die Eltern Kindergeld, eventuell sogar bis zum 25. Geburtstag des Kindes. DARF MEIN KIND NEBENBEI ARBEITEN? Wann genau man nun einen Anspruch hat, das erklärt Susanne Schnieber von der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Kindergeld fließt demnach, solange der Nachwuchs noch zur Schule geht, eine erste Ausbildung macht oder erstmalig studiert. Dabei spielt keine Rolle, ob und wie viel das Kind nebenbei jobbt. Gut zu wissen: Der Sozialstaat hilft nicht nur während der allerersten Ausbildung, sondern sogar auch noch bei einer zweiten! Machen Sohn oder Tochter also noch eine zweite Ausbildung, haben sie sich für ein zweites Studium entschieden oder drücken sie erneut die Schulbank, um einen höheren Abschluss zu erreichen, wird weiterhin Kindergeld gezahlt. Der Nachwuchs darf dann allerdings höchstens 20 Wochenstunden nebenher arbeiten, auch ein Minijob ist unschädlich. Die beiden Ausbildungen müssen inhaltlich nichts miteinander zu tun haben: Es ist also kein Problem, wenn sich ein junger Bäcker nach dem Abschluss umorientiert und eine neue Ausbildung zum Mechatroniker beginnt. GIBT’S GELD TROTZ LEERLAUF-PHASE? Zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn oder Studienstart liegen normalerweise einige Monate Pause. In dieser Übergangszeit wird das Kindergeld weiter überwiesen, wenn diese Phase nicht länger als vier Monate dauert. Ansonsten sollten Eltern mit der zuständigen Familienkasse Kontakt aufnehmen, so der Rat der Expertin, und die persönlichen Gründe erklären: Eventuell kann es dann auch während einer noch längeren Pause Kindergeld geben. Machen Sohn oder Tochter ein freiwilliges Praktikum, schadet das nicht, wenn das Praktikum einen Zusammenhang zum angestrebten Beruf hat. Auch während eines freiwilligen Jahres, etwa während des Bundesfreiwilligendienstes, wird weiter Kindergeld überwiesen. Ist der Nachwuchs arbeitslos gemeldet oder hat er keinen Ausbildungsplatz gefunden, bleibt der Anspruch auf Kindergeld ebenfalls bestehen. Voraussetzung: Das Kind ist aktiv auf der Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz! „Als sicherer Nachweis dafür gilt die Suchend-Meldung bei der Arbeitsagentur“, sagt Schnieber. Sind Sohn oder Tochter aber schon 21 Jahre alt und noch immer ohne Job oder Lehrstelle, dann gibt es kein Kindergeld mehr. Wie üblich wird das Kindergeld an den Elternteil ausgezahlt, in dessen Haushalt der Nachwuchs lebt. Ist Junior bereits ausgezogen, steht die Sozialleistung demjenigen Elternteil zu, der dem Kind einen höheren Betrag als Unterhalt überweist. Es ist übrigens gut möglich, dass der Kindergeldanspruch zwischendurch mal erlischt, zum Beispiel, weil ein Wunschstudienplatz nicht sofort verfügbar ist und das Kind während der Wartezeit in Vollzeit arbeitet. Dann kann das Kindergeld aber mit Beginn des Studiums erneut beantragt werden. WAS PASSIERT NACH DEM 25. GEBURTSTAG? Mit 25 Jahren ist in der Regel endgültig Schluss mit dem Kindergeld. Mit einer Ausnahme: wenn das Kind eine Behinderung hat und daher nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Solche Ansprüche werden laut Schnieber individuell geprüft, da es dann unter anderem auf den Pflegegrad, die Art der Einschränkung und einiges mehr ankommt. Wird der Antrag bewilligt, gibt es weiterhin den regulären Satz. Im Online-Angebot der Bundesagentur für Arbeit werden weitere Fragen zum Thema „Kindergeld ab 18“ beantwortet. Und man kann dort das Kindergeld für große Kinder direkt online beantragen. Waltraud Pochert Fotos: Natika – stock.adobe.com (Münzen), Koedir – stock.adobe.com (Kinderwagen) 06 — KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025
Diskutiert wird darüber schon ziemlich lange – die neue Bundesregierung will die Sache nun endlich richtig angehen: die Flexibilisierung des deutschen Arbeitszeitgesetzes. „Im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie“, heißt es im Koalitionsvertrag, wolle man neue Möglichkeiten schaffen und damit die Bedürfnisse einer „Arbeitswelt im Wandel“ berücksichtigen. Im Fokus steht dabei die maximal erlaubte Arbeitszeit pro Tag. Sie liegt in Deutschland aktuell bei 8 Stunden. Sie darf aber auf 10 Stunden ausgeweitet werden, wenn die Überstunden innerhalb von sechs Monaten ausgeglichen werden. Wirtschaftsverbände halten diese tägliche Begrenzung für längst nicht mehr zeitgemäß – und verlangen von der Politik, endlich zu handeln. KEINE AUSWEITUNG DER ARBEITSZEIT PRO KOPF „Die Reform des Arbeitszeitrechts darf nicht länger vertagt werden“, fordert zum Beispiel Oliver Zander, Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Ziel müsse es sein, die persönliche Arbeitszeit freier über die Woche verteilen zu dürfen. „Eine Ausweitung der individuellen Arbeitszeit steht nicht zur Debatte“, versichert Zander. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) fordert eine rasche Reform. BDA-Präsident Rainer Dulger sagt es so: „Eine wöchentliche Höchstarbeitszeit passt besser in das Zeitalter der Digitalisierung als die strikte tägliche Höchstarbeitszeit. Wir brauchen das in Deutschland jetzt endlich auch.“ Es geht eben einfach um mehr Flexibilität. Sie soll Unternehmen mehr Spielraum geben, um etwa auf Auftragsspitzen reagieren zu können. Sie könnte darüber hinaus neue Schichtmodelle ermöglichen. Und auch Beschäftigte werden profitieren, wenn sie ihre Arbeitszeiten in Absprache mit dem Betrieb besser an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen können. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie (die natürlich auch Deutschland einhalten muss) erlaubt längere Arbeitstage. Allerdings darf die Arbeitszeit laut EU-Vorgabe 48 Stunden pro Woche nicht überschreiten. Grundsätzlich vorgeschrieben sind zudem 11 Stunden Ruhezeit am Stück, Tarifpartner dürfen jedoch davon abweichen. Länder wie Österreich und Italien nutzen diese Spielräume bereits besser aus als Deutschland – und erlauben pro Tag 12 oder sogar 13 Stunden Arbeit. In Griechenland soll ein Gesetz verabschiedet werden, das bis zu 13 Stunden am Tag ermöglicht. Die Gewerkschaften in Deutschland sehen solche Ausweitungen allerdings kritisch. Sie befürchten vor allem negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten. Dabei zeigt eine aktuelle Studie, dass die geplante Flexibilisierung nicht zwangsläufig üble Folgen haben muss: Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben Daten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin für Bürobeschäftigte analysiert. Die Ergebnisse legen nahe, so IW-Ökonom Oliver Stettes, „dass zumindest für Bürobeschäftigte Flexibilisierungsspielräume sowohl bei Ruhezeiten als auch täglicher Höchstarbeitszeit existieren, ohne arbeitsplatzbezogene Gesundheitsrisiken zu erzeugen“. NEUE MÖGLICHKEITEN ETWA FÜR ELTERN Auch bei sehr langen Tagesarbeitszeiten, erklärt der IW-Experte weiter, seien „keine systematischen negativen Auffälligkeiten im Arbeitserleben von Bürobeschäftigten“ zu beobachten – etwa im Hinblick auf die Arbeitszufriedenheit, die Erschöpfung oder die Arbeitsfähigkeit. Gleiches gelte für verkürzte Ruhezeiten: etwa, wenn jemand am Abend noch Arbeit nachholt, die sie oder er aus privaten Gründen am Nachmittag liegen gelassen hat, und dann am nächsten Morgen wieder ganz normal arbeitet. „In solchen Fällen empfinden zum Beispiel Eltern die neuen Möglichkeiten durch die Ruhezeitverkürzung wohl eher als Entlastung“, sagt Stettes. Sein Fazit: „Das Vorhaben der Bundesregierung, von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu wechseln, ist richtig – und für unsere Wirtschaft notwendig.“ Michael Stark Mehr Flexibilität wagen Standort Wie lange man am Tag arbeiten darf, ist noch immer strikt geregelt. Die Regierung will den Unternehmen und den Beschäftigten nun mehr Freiraum verschaffen „Das Vorhaben der Regierung ist richtig und für unsere Wirtschaft notwendig“ Oliver Stettes, Institut der deutschen Wirtschaft Illustration: ThongSam – stock.adobe.com KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025 — 07
Fachkräfte bleiben gefragt Auch wenn der Arbeitsmarkt derzeit schwächelt – langfristig gesehen haben gut ausgebildete Fachkräfte oder Berufsstarter attraktive Job- Perspektiven. Hauptgrund ist das Ausscheiden der Millionen Babyboomer aus dem Arbeitsleben. Denn unsere Bevölkerung schrumpft. Derzeit kommen nur noch etwa halb so viele Kinder zur Welt wie im geburtenstärksten Jahrgang 1964. Bis 2035 sinkt die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter um gut sieben Millionen Leute. Selbst wenn 500.000 Menschen pro Jahr nach Deutschland einwandern würden, gäbe es in zehn Jahren 1,5 Millionen Erwerbsfähige weniger, so das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Gummibetriebe bauen Stellen ab Die Kautschukindustrie verliert weiter an Personal. „Im bisherigen Jahresverlauf – also von Januar bis Mai – ist die Beschäftigung in der deutschen Kautschukindustrie weiter deutlich zurückgegangen. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahr weist das Statistische Bundesamt ein Minus von mehr als 6 Prozent aus“, so Michael Berthel, Chefvolkswirt beim Wirtschaftsverband der Deutschen Kautschukindustrie, zu den aktuellen Entwicklungen in der Branche. Schon zwischen 2019 und 2024 sank die Zahl der Be- schäftigten von 73.000 auf 63.000 – ein Minus von rund 14 Prozent. Als Ursachen dafür nennt der wdk vor allem Strukturwandel, Kostendruck und eine schwächelnde Nachfrage. Gleichzeitig zeigt eine aktuelle Verbandsumfrage: 32 Prozent der Gummibetriebe suchen Personal – vom angelernten Helfer bis zum Akademiker. Das Paradoxon „offene Stellen trotz Stellenabbau“ besteht damit weiter. Illustration: Lustre Art Group – stock.adobe.com, Grafiken: KAUTSCHUK/Nasta Reiss Beschäftigung Da passt was nicht am Arbeitsmarkt Schwache Konjunktur, Kurzarbeit und steigende Arbeits- losenzahlen sind die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig herrscht aber in vielen Berufen Fachkräftemangel 164.000 ARBEITSKRÄFTE FEHLEN AKTUELL ALLEIN IN NATURWISSENSCHAFTLICH-TECHNISCHEN BERUFEN 46.100.000 ERWERBSTÄTIGE GAB ES 2024 IN DEUTSCHLAND – SO VIELE WIE NOCH NIE SEIT DER WIEDERVEREINIGUNG 1990 44 PROZENT DER UNTERNEHMEN KÖNNEN DIE DIGITALE TRANSFORMATION AUFGRUND FEHLENDER FACHKRÄFTE NICHT VORANTREIBEN Jahresdurchschnittswerte, 2025: Durchschnitt Januar bis Juli; Quelle: Bundesagentur für Arbeit Die Wirtschaftskrise zeigt sich deutlich Steil nach oben geht derzeit die Zahl der Arbeitslosen. Wirtschaftsexperten rechnen damit, dass im Sommer die Drei-Millionen-Grenze überschritten wird. Die Zahl der offenen Stellen geht in den letzten Monaten zurück. Das liegt aber an weniger neu gemeldeten Stellen – und eben nicht daran, dass Arbeitslose dort einsteigen. Es herrscht ein „Mismatch“: Die Qualifikation der Arbeitssuchenden passt nicht zur offenen Stelle. Arbeitslos gemeldete Menschen (in Deutschland) 2024 694.000 2025 640.000 Offene Stellen (in Deutschland) 2.790.000 2015 2.700.000 2020 2.956.000 2025 Die Industrie ist besonders betroffen Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe findet ein massiver Stellenabbau statt. Viele andere Branchen dagegen haben im vergangenen Jahr Personal aufgebaut. Die Stellenbesetzung wird immer schwieriger, Unternehmen brauchen länger, um Ersatz für ausscheidende Mitarbeitende zu finden. Auch das zeigt an, dass in bestimmten Bereichen und Branchen Fachkräfte fehlen. Dazu kommt eine Grundproblematik: In den kommenden Jahren schrumpft die Zahl der Arbeitskräfte demografiebedingt um etwa sieben Millionen. Diese Lücke muss durch verschiedene Maßnahmen möglichst geschlossen werden. Leute f inden dauert länger So viele Tage bleiben offene Stellen im Schnitt frei Wo Stellen entstehen – und wo sie abgebaut werden Zu- und Abnahme von Beschäftigung im Vorjahresvergleich Quelle: Bundesagentur für Arbeit (218.000 Personen) als noch vor einem Jahr (191.000). Monat für Monat melden die Unternehmen zudem weniger offene Stellen an die Agentur für Arbeit. WARUM DIESMAL ALLES ANDERS IST Eine klassische Arbeitsmarktkrise wie aus dem Lehrbuch also, die sich mit Belebung der Wirtschaft sofort wieder in Wohlgefallen auflöst? So einfach ist das nicht, denn es verläuft eben nicht klassisch wie immer. Schließlich gibt es auch die anderen Fakten, wie die Anzahl der Erwerbstätigen in Deutschland insgesamt: Trotz Krise waren im vergangenen Jahr so viele Menschen in Lohn und Brot wie noch nie seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990. Im Jahresschnitt waren dies 2024 rund 46,1 Millionen Beschäftigte. Die Zahl hat sich seit Anfang dieses Jahres nicht wesentlich verändert. Noch etwas kommt hinzu: Es kostet die Unternehmen trotz steigender Arbeitslosenzahlen immer mehr Zeit, freie Stellen zu besetzen. Im Schnitt suchten sie vergangenes Jahr gut fünf Monate, bis sie eine oder einen Neuen eingestellt hatten – knapp einen Monat länger als noch 2020, als die Corona-Pandemie die Wirtschaft lähmte. In manchen Engpassberufen dauert die sogenannte Vakanzzeit sogar noch bedeutend länger. Dies ist ein weiterer Indikator, warum die aktuelle Krise am Arbeitsmarkt eben nicht wie viele frühere verläuft: Nach wie vor herrscht in bestimmten Engpassberufen und Branchen akuter Fach- und Arbeitskräftemangel! Und die, die gerade arbeitslos sind, verfügen nicht zwingend über die richtige Qualifikation – oder wohnen vielleicht nicht da, wo gerade gesucht wird. Der Mangel wird sich in den kommenden Jahren noch massiv vergrößern, allein schon durch den demografischen Wandel, wenn Berufstätige der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen, aber immer weniger Jüngere nachrücken. Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben kürzlich in ihrem MINT-Frühjahrsbericht errechnet, dass aktuell allein in naturwissenschaftlich-technischen Berufen rund 164.000 Arbeitskräfte fehlen. Diese Lücke ist damit deutlich größer als noch vor zehn Jahren – als die Wirtschaft noch brummte. Das Fatale daran ist: Genau diese Fachkräfte sind es, die Deutschland für eine starke Wirtschaft in wichtigen Zukunftsfeldern braucht. Fast 30 Prozent der Betriebe in Deutschland sind vom demografischen Wandel betroffen und müssen gleichzeitig die Digitalisierung und Dekarbonisierung stemmen. Sie müssen sich anpassen, um mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten und im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Doch laut IW-Experten kann fast die Hälfte der Unternehmen (44 Prozent) ihre digitale Transformation nicht vorantreiben, weil ihnen dazu das Fachpersonal fehlt. Und ebenso viele Betriebe erwarten, dass sie für die Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte in den kommenden Jahren mehr Fachkräfte mit Ausbildung in einem MINT-Beruf benötigen. Ein Dilemma, das durch die desolate allgemeine Wirtschaftslage nicht gerade besser wird. Denn die Personalseite ist ja nicht die einzige „Baustelle“ der Unternehmen. Wegen hoher Kosten an anderen Stellen (Energiepreise, Bürokratie und Sozialabgaben) zögern Unternehmen derzeit dennoch, zu investieren – selbst wenn sie das Personal dazu hätten. WIE KOMMEN WIR AUS DEM TAL HERAUS? Wirtschaftsverbände begrüßen, dass die neue Bundesregierung die Belebung der Wirtschaft als oberstes Ziel ansetzt. „In der Bundesregierung zeichnet sich erstmals seit Jahren ein wirtschaftspolitischer Kurs ab, der Maß, Mitte, Standortstärkung und unternehmerische Freiheit wieder stärker in den Mittelpunkt rückt“, sagt Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des ADK. Die angekündigten Maßnahmen zur Entlastung der Betriebe, zur Deregulierung und zur steuerlichen Förderung von Investitionen lassen auf eine Phase der Erneuerung hoffen. Wenngleich viele dieser Initiativen sich erst noch be- weisen müssen – aber sie gehen in die richtige Richtung. Alix Sauer NÜRNBERG. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt weiter angespannt. „Die Frühjahrsbelebung war insgesamt schwach. Der Arbeitsmarkt bekommt nicht den Rückenwind, den er für eine Trendwende bräuchte“, vermeldete etwa Ende Mai Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit. Sie rechnet mit weiter steigenden Arbeitslosenzahlen für diesen Sommer. Die Krise ist fast überall: kein Tag ohne Berichte über Stellenabbau und Kürzungen in den Betrieben. Allein in der Industrie gehen derzeit pro Monat im Schnitt etwa 10.000 Stellen verloren. Weitere Beschäftigte sind von Kurzarbeit betroffen. Zwar war die Welle im Winter noch höher, aber immer noch waren in diesem Mai mehr Menschen in Kurzarbeit März 2025 im Vergleich zu März 2024 2020 131 2021 118 2022 139 2023 147 155 2024 Pflege & Soziales 66.000 Verkehr und Logistik 29.000 Gesundheitswesen 62.000 Öffentliche Verwaltung 45.000 Zeitarbeit -59.000 Verarbeitendes Gewerbe -127.000 KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025 — 09 08 — KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025
Und die Ausfallquote ist hoch: Nur etwa 10 Prozent der Projekte schaffen den Sprung in die Serienproduktion. Trotzdem ist Dohse überzeugt, dass die resorbierbaren Stents künftig marktreif werden. Aus der Garage ist längst eine Firmenzentrale geworden: Am Standort Sarstedt arbeiten rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. MeKo ist ein echtes Familienunternehmen mit einer starken persönlichen Bindung vieler Beschäftigter. Als Dohse vor bald 20 Jahren einen Schülerjob bei MeKo annahm, waren bereits sein Bruder und ein Nachbar in der Firma beschäftigt – ebenso Meyer-Kobbes älteste Tochter, die als Aushilfe arbeitete. Heute ist sie Ärztin, er ist ihr Ehemann und künftiger Nachfolger in der Geschäftsführung. Doch nicht nur deshalb ist seine Arbeit bei MeKo für Dohse viel mehr als nur ein Job. Er sagt es so: „Wenn man weiß, woran man arbeitet, und dass das, was man entwickelt und produziert, Menschen helfen kann – dann ist das eine sehr sinnstiftende Tätigkeit.“ Isabel Link Fotos: Danile Heitmueller/KAUTSCHUK (3), MeKo (2) Unser Ding Hightech für Herz und Hirn Medizintechnik made in Niedersachsen: Vom lasergeschnittenen Stent bis zum filigranen Herzklappenrahmen fertigt MeKo Bauteile, die Leben retten „Ein sich selbst auflösender Stent hat enorme Vorteile für die Therapie“, betont Dohse. So sei bei Patienten mit permanenten Stents oft keine Bypass-Operation mehr möglich, zudem könnten dauerhaft offen gehaltene Arterien erneut verkalken. „Ein resorbierbarer Stent behebt das akute Problem. Und sollte es zu einer neuen Verkalkung kommen, kann einfach ein neuer Stent eingesetzt werden.“ MeKo forscht seit 15 Jahren auf diesem Gebiet und hat im August einen wichtigen Meilenstein erreicht: Erstmals wurde ein resorbierbarer Stent beim Menschen implantiert. „In der Medizintechnik dauert es im Durchschnitt acht Jahre, bis aus einer Kundenanfrage ein zugelassenes Produkt wird“, betont Dohse. breiter als drei nebeneinandergelegte Haare, die größten so groß wie ein Kinderfinger. Durch ihre wabenartige Struktur schmiegen sie sich perfekt an die Innenwände der Gefäße an. Die Medizintechnikprodukte von MeKo werden vor allem bei Herz-, Gefäß- und Augenerkrankungen sowie in der Neurologie eingesetzt – etwa zur Erweiterung verengter Herzkranzgefäße oder zur Entfernung von Blutgerinnseln aus Hirnarterien, um Schlaganfällen vorzubeugen. Auch in der Urologie, Endoskopie und Orthopädie kommen MeKo-Produkte zum Einsatz. Ein Beispiel hierfür sind Hypotubes: lasergeschlitzte, flexible Rohre, die eine präzise Positionierung von Kathetern und Endoskopen im Körper ermöglichen. So etwas ist weltweit gefragt: Mit 38 Prozent erwirtschaftet MeKo den Großteil seines Umsatzes in den USA. Es folgen Deutschland mit knapp 30 Prozent sowie Frankreich und Singapur mit jeweils rund 10 Prozent, der restliche Umsatz verteilt sich auf weitere Staaten. Jeder Stent basiert auf einem Metall- oder Kunststoffrohr. „Der Laser schneidet die gewünschte Struktur hinein“, erklärt Dohse. Diese sorgt für die nötige Flexibilität: „Das Material muss sich im Körper etwa 8 bis 10 Prozent dehnen können.“ Meist kommt hierfür Nitinol zum Einsatz, eine Nickel-Titan-Legierung, die sich im Körper selbstständig entfaltet. Je nach Einsatzzweck gibt es aber auch starre Varianten aus Edelstahl oder Kobalt-Chrom, die mittels Ballonkatheter platziert werden. Nach dem Schneiden werden die Implantate meist weiterbearbeitet, beispielsweise elektropoliert oder wärmebehandelt. EIN IMPLANTAT, DAS SICH SELBST ENTFERNT Der aktuelle Forschungsschwerpunkt liegt auf Produkten aus bioabbaubaren Materialien, die sich nach einer bestimmten Zeit im Körper vollständig auflösen. Die Idee dahinter: Wenn ein Gefäß durch einen Stent geweitet wird, kann der Körper den Restheilungsprozess selbst übernehmen. Ein dauerhaftes Implantat ist dann nicht mehr nötig. Grundlage für solche temporären Implantate sind resorbierbare Metalle wie Magnesium oder Polylactide (PLA). PLA sind Kunststoffe, die aus Milchsäuremolekülen aufgebaut sind und aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke oder Zuckerrohr gewonnen werden. SARSTEDT. MeKo Manufacturing ist nicht Microsoft und Clemens Meyer-Kobbe ist nicht Bill Gates. Aber es gibt Gemeinsamkeiten zwischen dem niedersächsischen Mittelständler und dem amerikanischen Tech-Giganten: Ihre Erfolgsgeschichte begann in einer Garage. Und natürlich ist MeKo nicht so groß wie Microsoft – doch in seiner Nische ist das Unternehmen ebenfalls weltweit führend! Der Familienbetrieb fertigt lasergeschnittene Bauteile für verschiedene Branchen, vor allem für die Medizintechnik. Dazu zählen unter anderem Implantate wie Stents und Herzklappenrahmen sowie Hilfsmittel wie Ballonkatheter. MeKo hält über 40 Patente und investiert einen erheblichen Anteil seiner Ressourcen in Forschung und Entwicklung. Das Ziel: innovative und hochwertige Produkte, die sowohl für Patienten als auch für das Gesundheitssystem bezahlbar bleiben. Als Clemens Meyer-Kobbe 1991 in einer Garage in Sarstedt seine ersten Laser in Betrieb nahm, spielte Medizintechnik noch keine Rolle. „Dieser Fokus kam erst ein paar Jahre später, als bei Herzpatienten immer häufiger Stents eingesetzt wurden“, erzählt Co-Geschäftsführer Jakob Dohse. FILIGRANE GEFLECHTE Stents – das sind zylindrische Stützstrukturen zur Erweiterung von Blutgefäßen – gibt es erst seit Ende der 1970er Jahre. Als MeKo 1995 mit der Produktion begann, war das Unternehmen eines von nur zwei weltweit, das lasergeschnittene Stents herstellte. Dabei ist das Verfahren ideal für die filigranen Geflechte aus Metall. Die kleinsten Stents sind kaum Blick in die Fertigung: Hier entstehen lebens- rettende Produkte für Herz, Gefäße und Gehirn. MeKo Manufacturing – die Fakten Das Familienunternehmen wurde 1991 von Dr. Clemens Meyer-Kobbe in Sarstedt bei Hannover gegründet. MeKo ist auf die hochpräzise Laserbearbeitung spezialisiert – vor allem für medizintechnische Produkte wie Stents, Herzklappenrahmen und Implantate. Zum Einsatz kommen dabei seit Kurzem auch abbaubare Materialien wie Magnesium oder Polymere. Heute beschäftigt der Betrieb rund 400 Mitarbeitende. Die Produktion läuft im Schichtbetrieb rund um die Uhr. „Nur etwa 10 Prozent der Projekte schaffen den Sprung in die Serienproduktion“ Dr. Jakob Dohse, Co-Geschäftsführer Er kam 2006 als Schülerjobber zu MeKo: Jakob Dohse. Heute ist er Teil der Geschäftsführung. Zentrale in Sarstedt bei Hannover: Hier arbeiten rund 400 Menschen. Vom Rohmaterial zum Implantat: Einige Musterkomponenten wie Rohrabschnitte oder Stents. Filigrane Technik für den menschlichen Körper: Seriengefertigte Stents aus Nitinol. KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025 — 11 10 — KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025
BOCKENEM. Die neue Konzernzentrale im niedersächsischen Bockenem setzt den Schlusspunkt unter ein Jahrzehnt voller Krisen beim Autozulieferer Meteor. Der Weg dorthin war schmerzhaft, weshalb das neue Gebäude nicht nur ein Bekenntnis zum Standort ist, sondern auch ein Zeichen für den Aufbruch, wie Meteor- Co-Geschäftsführer Christian Schneider im Chefgespräch erklärt. Bauprojekte in Deutschland gleichen oft einem Bummelzug. In Bockenem hingegen fuhren Sie im ICE-Tempo: Nur elf Monate nach Antrag hielten Sie die Schlüssel zur neuen Meteor-Konzernzentrale in der Hand. Wie war das möglich? Schneider: Ich glaube, der größte Fehler bei einem solchen Vorhaben wäre es gewesen, im Alleingang zu planen, einen Bauantrag zu stellen und auf Genehmigungen zu hoffen. Wir haben von Beginn an alle Beteiligten eingebunden – Architekten, interne Planer, das Bauamt. Sie alle saßen an einem Tisch in unserem alten Konferenzraum, als wir zum ersten Mal über unser Vorhaben gesprochen haben: eine neue, moderne Firmenzentrale, die spätestens in neun Monaten bezugsfertig sein soll. Ein ambitioniertes Ziel, das im Vorfeld natürlich auch diverse Bedenken hervorgerufen hat. All diese Bedenken und Herausforderungen haben wir gesammelt, gemeinsam überlegt, wie man sie lösen kann, und die daraus entstandene Liste dann Punkt für Punkt abgearbeitet. Ich bin überzeugt, dass diese enge Abstimmung der Schlüssel zum Erfolg war. In den vergangenen fünf Jahren haben Sie in Bockenem 10 Millionen Euro investiert und viele Produktionsbereiche modernisiert. Die neue Zentrale ist das letzte Puzzlestück. Warum dieses klare Bekenntnis zum Standort? Schneider: Als Entwicklungsstandort für Dichtungen und Gummimischungen blickt Bockenem auf eine über 70-jährige Tradition zurück. Hier sitzt einfach unglaublich viel Know-how. Zwar können viele Unternehmen Dichtungen herstellen, aber wenn es um komplexe Produkte mit hohen Anforderungen geht, wie sie etwa in der Automobilindustrie verlangt werden, dann wird das Feld schon deutlich kleiner. Hinzu kommen die vielen einzelnen Prozessschritte, die nötig sind, um eine hohe Qualität zu gewährleisten. Etliche kleine Unternehmen sind dazu nicht mehr in der Lage. Meteor hingegen hat sowohl die erforderliche Größe als auch das Know-how, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Natürlich teilen wir „Bockenem ist und bleibt das Herz unseres Konzerns“ Christian Schneider, Co-Geschäftsführer bei Meteor unser Wissen auch mit unseren anderen Standorten weltweit. Doch Bockenem ist und bleibt das Herz unseres Konzerns. Ihr Unternehmen hat schwere Zeiten erlebt, Investitionen waren lange kein Thema. Ist der Kurswechsel auch eine Entscheidung für den Standort – und für die Menschen in der Region? Schneider: Das spielt sicher auch eine Rolle. Früher war Meteor der größte Arbeitgeber im Kreis Hildesheim. Von hier aus wurden unsere Produkte in die ganze Welt geschickt. Inzwischen hat sich das geändert: Wir haben weltweit acht Standorte und Bockenem ist etwas geschrumpft. Vor Ort befinden sich jetzt das Entwicklungszentrum, die Konzernzentrale, die Mischerei und die Extrusion. Drei der von Ihnen genannten Standorte befinden sich in Rumänien. Dorthin wurden Produktionsprozesse ausgelagert, die zuvor in Bockenem angesiedelt waren. Warum dieser Schritt? Schneider: Wir haben vor allem die Prozesse ausgelagert, die sehr personalintensiv oder automatisiert sind. Bei Letzteren spielt Know-how kaum eine Rolle. Es ist im Grunde egal, wo die Maschine steht. Da kommt es in erster Linie auf die Energiekosten an. Bei Produktionsschritten, die viel Handarbeit erfordern, können die teils gravierenden Unterschiede im Lohnniveau hingegen über den Fortbestand von Firmen entscheiden. In einer globalisierten und vernetzten Welt ist es nur logisch, solche Produktionsschritte an sogenannte Best-Cost-Standorte zu verlagern, um sich langfristig Wettbewerbsvorteile zu sichern. Wenn man aus reiner Standorttreue an teureren Produktionsstätten festhält, kann man auf Dauer nicht wirtschaftlich produzieren und sich gegen die günstigeren Wettbewerber behaupten, egal wie gut das Produkt ist. Wie haben Sie das den Beschäftigten vermittelt? Schneider: Tatsächlich brauchte es kaum eine Erklärung. Meteor hat eine lange Geschichte mit herausfordernden Situationen. Die vergangenen 15 Jahre waren im Grunde eine einzige Restrukturierung. Darunter hat vor allem Bockenem gelitten. Als wir 2020 den Standort in Rumänien eröffnet haben, war den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern daher klar: Ohne diesen Schritt wird es nicht gehen, damit die gesamte Unternehmensgruppe überleben kann. Es gab kaum Widerstand. Im Gegenteil: Alle haben mitgezogen, auch wenn ihnen bewusst war, dass dies langfristig Auswirkungen auf ihre eigenen Arbeitsplätze haben könnte. Wäre Meteor zu diesem Zeitpunkt ein wirtschaftlich gesundes und profitables Unternehmen gewesen, wäre diese Entscheidung sicher schwerer zu vermitteln gewesen. Angesichts der damaligen Lage war sie jedoch nachvollziehbar und wurde entsprechend akzeptiert. Nach Jahren der Krise: Ist der Turnaround geschafft und Meteor zurück auf Wachstumskurs? Schneider: Ja, davon bin ich überzeugt. Wir erleben einen spürbaren Aufschwung, viele der eingeleiteten Maßnahmen greifen und wir haben mit dem Standort in Rumänien sowie unserer starken Präsenz in Nordamerika eine solide Basis geschaffen. Wir generieren neues Geschäft, wachsen und sind auf einem guten Weg, auch unsere frühere Größe wiederzuerlangen. Die Zahl der Kundenanfragen ist hoch und wir konnten bereits einige neue Projekte gewinnen. Das gibt uns die Zuversicht, dass all unsere Standorte eine echte Zukunft haben. Isabel Link Fotos: KAUTSCHUK/Chris Grossmann (4) Das Licht bleibt an: Mit dem Bau der neuen Konzernzentrale hat Meteor ein klares Bekenntnis zum Standort abgegeben. Co-Geschäftsführer Christian Schneider: Er ist froh, dass Meteor den Turnaround geschafft hat und wieder auf Wachstumskurs ist (Bild Mitte). Standorttreu: Mischerei und Extrusion bleiben in Bockenem (Bild unten). Mehr als nur ein Bürogebäude Chefgespräch Nach Jahren der Krise hat Meteor in Bockenem eine neue Konzernzentrale gebaut. Co-Geschäftsführer Christian Schneider erklärt, wie der Bau in nur elf Monaten möglich war und warum der Standort das Herz des Unternehmens bleibt Meteor – die Fakten Das international tätige Unternehmen entwickelt hochwertige Dichtsysteme und Gummimischungen. Zu seinem Portfolio gehören unter anderem Tür-, Fenster- und Karosseriedichtungen für namhafte Fahrzeughersteller auf der ganzen Welt. Meteor betreibt acht Standorte weltweit, unter anderem in Deutschland, Rumänien, Frankreich, den USA und Mexiko. Meteor – die Fakten Das international tätige Unternehmen entwickelt hochwertige Dichtsysteme und Gummimischungen. Zu seinem Portfolio gehören unter anderem Tür-, Fenster- und Karosseriedichtungen für namhafte Fahrzeughersteller auf der ganzen Welt. Meteor betreibt acht Standorte weltweit, unter anderem in Deutschland, Rumänien, Frankreich, den USA und Mexiko. KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025 — 13 12 — KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025
KÖLN. Das ist uns wohl allen schon passiert: Von der anfangs so proper wachsenden Zimmerpflanze fallen die Blätter und Blüten ab… Denn das Gewächs ist mit der Zeit vertrocknet. Mit dem Mini-Biotop der IW-JUNIOR-Schülerfirma „Pflanzlicht“ wäre das nicht passiert! „Unsere Pflanzen haben ein eigenes Ökosystem, sie sind pflegeleicht und müssen nur alle zwei Monate Wasser bekommen“, erklärt Nico Knauer aus dem Team der Schülerfirma. Ergänzend gibt es eine App nebst Sensor, die Pflanzenbesitzer daran erinnert, ihr Grünzeug zu wässern. LERNEN, WIE WIRTSCHAFT WIRKLICH FUNKTIONIERT Ein Deko-Biotop aus Einweg-Flaschen, auf Wunsch auch beleuchtet: Mit dieser Idee hat das ein Dutzend Elftklässler zählende „Pflanzlicht“-Team aus der Peter-Joseph-Lenné-Gesamtschule in Potsdam den Bundeswettbewerb „Beste Schülerfirma 2025“ der IW JUNIOR gewonnen. Diese Tochter des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) vermittelt jungen Menschen ökonomische und finanzielle Bildung. „In so einer Firma lernen Jugendliche, wie Wirtschaft wirklich funktioniert: Sie probieren sich in verschiedenen Rollen aus, übernehmen Verantwortung und erleben, wie wichtig Zusammenarbeit ist.“ So sagt es Miriam Reitz, Geschäftsführerin der IW JUNIOR. Und so war es bei „Pflanzlicht“, wie Knauer schildert: „Wir haben gelernt, im Team zu arbeiten, mussten Deadlines einhalten, Rechenschaft für Entscheidungen ablegen. Das ist was anderes als der normale Schulalltag.“ 13 TEAMS SCHAFFTEN ES INS BUNDESFINALE Über 650 Jugendliche mit 80 Geschäftsideen qualifizierten sich dieses Jahr für die Landeswettbewerbe. 13 Teams schafften es ins Bundesfinale in Köln, da ging es etwa um Gewürzherstellung oder nachhaltige Weinkartons. Auf dem zweiten und dritten Platz landeten Schülerfirmen, die Waschbeutel für Outdoor-Touren beziehungsweise Schmuck aus Blättern produzieren. Mit dem ersten Platz löste das Gewinnerteam das Ticket zum europäischen Schülerfirmenwettbewerb in Athen. Und noch wichtiger für die eigene Karriere: Jeder von ihnen erhielt ein Stipendium für ein Studium an der RH Köln. Anja van Marwick-Ebner Schüler gründen Firmen Bildung Das Team „Pflanzlicht“ gewinnt den IW-JUNIOR-Bundeswettbewerb. Die Geschäftsidee der jungen Gründer: Ein Deko-Biotop für Pflanzen – auf Wunsch auch beleuchtet Fotos: IW Junior/Stephen Petrat (2) Sie vertraten das Gewinner-Team: Moritz Pollack, Nico Knauer, Richard Vollert und Felix Röhr (von links) von der Peter-Joseph-Lenné-Gesamtschule in Potsdam. Wirtschaft in der Schule Unter der Obhut von IW JUNIOR wurden schon 12.000 Schülerfirmen gegründet. In den Firmen setzen Schülerinnen und Schüler ihre Ideen um und fertigen echte Produkte. In Landeswettbewerben werden zunächst die Sieger aus einzelnen Bundesländern ermittelt, beim Bundeswettbewerb wird dann der bundesweite Sieger gekürt. Dieser nimmt am Europafinale teil. Informationen zu den Angeboten für Lehrer und Schüler sowie zu den Teilnahmebedingungen gibt es auf dem Portal von IW Junior. Unter den acht Juroren: Professor Michael Hüther (IW) und Timm Helten-Hildwein, Abteilungsleiter Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik bei METALL NRW (von rechts). 14 — KAUTSCHUK AUSGABE 22 /SEPTEMBER 2025
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